Lukas Leuenberger | 9 August 2023

Mighty, Mighty, Mighty, Mighty, Mighty, Mighty, Mighty!

Wenn man das Turniergelände durch eine Pendeltüre aus einem Westernfilm betritt, dahinter eine Horde Cowboys und Cowgirls ihre Schiesseisen justiert und «Spiel mir das Lied vom Tod» aus den Boxen dröhnt, dann ist es wieder Zeit für das prestigeträchtigste Einzelturnier der Schweiz: Den Mighty Kubber!

Wobei sich das eine oder andere Greenhorn jetzt durchaus verwundert die Augen reiben wird... Mighty-Zeit ist doch erst im Oktober und nicht bereits Anfang August? Tatsächlich ist dieses Datum ein Novum in der langjährigen Geschichte des Turniers. Doch nachdem klar war, dass kein Schweizer Team an die Kubb-WM in Gotland – die jeweils am ersten August-Wochenende stattfindet – reisen wird (mehr dazu im letztjährigen Beitrag von Lukas Huser), wurde der freie Slot mitten im Hochsommer vom Kubb Club Solothurn übernommen, um eben den Mighty Kubber durchzuführen. Allerdings wähnte man sich in den Morgenstunden tatsächlich nicht wie im August. Kühle 16 Grad empfingen die Kubb-Kommune in der schönsten Barockstadt der Schweiz und ein ordentlich nasser Boden erinnerte eher an ein Turnier im Spätherbst. Im Verlaufe des Tages sollte sich die Sonne aber vermehrt durchsetzen und alles in allem für perfekte und faire Bedingungen sorgen. Ein schöner Nebeneffekt am Umstand, dass das Turnier in den Sommerferien stattfand, war ausserdem, dass Urlaubsgäste aus dem Norden begrüsst werden konnten. Die Familie Patzer aus Rostock, ihres Zeichens als de Woodys ein Team, dass die Deutsche Kubbszene immer mehr aufmischt und dieses Jahr mit einem dritten Platz am Pfälzer Kubb Open und dem Sieg an der EM in Berlin ihr enormes Potential abrufen konnte, machte einen Urlaubsstopp in Solothurn. Während Mama Patzer am Spielfeldrand als Mentorin fungierte, schickte sie mit ihrem Mann Alex und den beiden Söhnen Nils und Tim drei heisse Eisen ins Rennen.

Seit letztem Jahr wird der Mighty Kubber unter dem Zusatz 2.11 vom KCS organisiert. Und nachdem das Turnier vor einem Jahr in Olten stattfand – weil der Platz in Solothurn bereits reserviert war – kam es nun heuer zur Premiere in der Kantonshauptstadt. Nach Stationen in Zürich, Baden, Fislisbach, Döttingen und eben Olten war Solothurn nun bereits der sechste Austragungsort des Turniers. Diese Info kam aber ausgerechnet beim Kubbtour-Präsidenten und Turnier-Mitfavoriten Buschi irgendwie nicht an. Zusammen mit seinem Teamkollegen Lim stand er bei Turnierstart vor einer leeren Bifangmatte in Olten. Obwohl beide ein Freilos in der ersten Runde genossen, reichte es ihnen auch nicht mehr rechtzeitig auf das zweite Spiel, womit sie es prompt Forfait verloren und den Vorteil des Doppel-KOs bereits aus der Hand gaben. 

Aber auch andere gesetzte und hochdotierte Spieler:innen verloren bereits eines der ersten Spiele und mussten sich aus der Hauptrunde verabschieden. Dank dem Doppel-KO hatten sie zwar nach wie vor alle Möglichkeiten, in der Hoffnungsrunde hiess es von nun an aber: Verlieren verboten! Besonders überraschend war die Niederlage zum frühestmöglichen Zeitpunkt von Beni the Gun aka. Marc Binder. Der bereits sechsfache (!) Mighty gewann alle vier vergangenen Austragungen des Turniers. Wenn man sich also den Titel holen und den allmächtigen Namenszusatz sichern will, führt kein Weg an ihm vorbei. Und ausgerechnet dieser Beni the Gun verlor nun also bereits sein erstes Spiel gegen einen stark aufspielenden Pabst. Ob mit göttlicher Hilfe oder nicht, der Brugger schickte Beni the Gun in die Hoffnungsrunde. 

In der Hauptrunde lichtete sich das Feld nun immer mehr. Zwei Cowboys gaben ihrem Pferd besonders die Sporen. Einerseits war dies Don Fabiano von der Horstcrew, der sich nach dem Einzel-Schweizermeister-Titel 2019 und dem Sieg am Baton d’Or in der vergangenen Saison den Triumph am dritten grossen Einzelturnier der Schweiz vorgenommen hatte und anderseits war es FairEnAff von Tent it up, der wesentlich für den aktuellen Höhenflug seines Teams an der Kubbtour-Spitze mitverantwortlich ist. Im zweitletzten Spiel der Hauptrunde schickte er Voegi von Beeyond in die Hoffnungsrunde und Don Fabiano stellte das gleiche mit EKC-Sieger Schagg an. Im direkten Duell um den Sieg in der Hauptrunde sah es lange Zeit für einen Triumph von FairEnAff aus, bevor sich schliesslich doch noch Don Fabiano durchsetzen konnte. Er sicherte sich damit die direkte Halbfinal-Qualifikation und nicht nur das – er durfte sich da auch den Gegner aussuchen. 

Für all jene, die derweil auch in der Hoffnungsrunde die letzten Hoffnungen begraben mussten, ging das Turnier nun im bekannten Sheriff-Modus weiter. Mit 4 Sternen ausgerüstet, konnte man sich nun beliebig mit anderen Söhnen und Töchtern der Prärie batteln. Einsatz und auch Länge der Spiele wurden per Handschlag ausgemacht und es kam in der Folge zu vielen filmwürdigen Duellen (fast) auf Leben und Tod. Doch auch wer seine sämtlichen Sheriff-Sterne verspielt hatte, war noch nicht gänzlich ausgeschieden. Im Hanging (Wo)Man konnte man nun à la Tom Dooley kleine Galgen sammeln. Am erfolgreichsten taten dies mit Mr. Nice und Goldfinger zwei, die tatsächlich aus einem Western stammen könnten. Mr. Nice blieb cool und holte sich mit dem Hanging Man den ersten Titel des Tages.

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Sieger im Hanging Man: Mr. Nice vom KCM aka. Bobby (Dooley)

In der Hoffnunsgrunde des Mighty Kubbers kam es währenddessen zu vielen brisanten Duellen im Sechstelfinal. Wer dieses Spiel gewann, war nur noch einen Sieg vom Halbfinale entfernt. Während Buschi Boskoop aus dem Turnier schmiss und seinen morgendlichen Fauxpas langsam aber sicher gut machte, hiess es bei seinem Teamkollegen Lim gegen Schagg Lichter löschen. Dem Überraschungsmann Angry Andy aus Winterthur wurden von Voegi die Flügel gestutzt und Tatanka von Tent it up scherte The Sheep aus Solothurn. Beni the Gun seinerseits nahm nun langsam aber sicher Fahrt auf und machte Black Mamba Beine. Damit schied mit Nils Patzer auch die letzte Rostocker Hoffnung aus dem Turnier aus. Nun ging es also um die Halbfinal-Qualifikation. Schagg besiegte im Drittelfinal Buschi, der nach der letztjährigen äusserst knappen Finalniederlage also (vorerst) keine Chance auf eine Reprise erhielt. Voegi seinerseits bodigte Tatanka und zog in sein erstes Halbfinale am Mighty Kubber ein. Und Beni the Gun realisierte gegen FairEnAff sein neuntes (!) Mighty-Halbfinale in Folge, er blieb im Bruderduell der Inner-Binder-Winner. Dabei stand das Spiel mehrfach auf der Kippe und Beni the Gun am Rande einer Niederlage, doch sowohl im zweiten Satz wie auch im Mighty Finisher beim Stand von 2:2 verschoss sein Bruder je zwei Sure Shots. 

Währenddessen gab es im Sheriff-Modus keine Galgenfrist mehr, alle Sheriff-Anwärter:innen mussten ihre gesammelten Sterne beim OK abgeben. Am erfolgreichsten war JJ mit 35 Sternen, er durfte sich aus seinen drei Verfolgern Lighty Leutsch, Junkair und RougeOmat einen Halbfinalgegner aussuchen. Seine Wahl fiel auf den Fislisbacher Rouge, den er prompt mit 3:0 in die Schranken wies. Gleiches Schicksal ereilte dessen Fislisbacher Teamkollegen Junkair, er wurde mit 0:3 von Lighty Leutsch in die Wüste geschickt. So kam es im Finale zum Duell der Doppelkonsonanten zwischen JJ alias Jean Jamais und LL alias Lighty Leutsch. JJ, der Mighty Kubber von 2007 und Einzelschweizermeister von 2014 liess durchblicken, dass er nicht nur früher einer der besten Einzelspieler der Schweiz war, sondern – trotz sehr wenig Präsenz auf der Kubbtour – noch immer sein kann. Er gewann das Anspiel und brachte zweimal seine Starts durch. Da Lighty Leutsch es ihm aber gleich tat, kam es beim Stande von 2:2 zum Decider. Der Oltner schnupperte an einem Break und damit am Sieg, indem er JJ in ein 8+2 zwang. Dieser war nun aber vollends wieder der Alte und machte den Sack trotz eines verschossenen Königs mit einem starken Finisseur zu. Damit gewann der jüngst aus dem Kubbtour-Vorstand zurückgetretene JJ wieder einmal einen Final, was ihn und die Anwesenden sichtlich erfreute. Der Sheriffstern bleibt damit in Basler Hand, nachdem ihn letztes Jahr der Lagerist in die Rheinstadt gebracht hat.  

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Podium Sheriff 2023: 3. RougeOmat, 1. Jean Jamais, 2. Lighty Leutsch

Inzwischen hatte sich Don Fabiano seinen Gegner für das Halbfinale im Mighty Kubber ausgesucht. Seine Wahl fiel auf Voegi, der sich davon aber nicht irritieren liess, sondern vielmehr beflügelt aufspielte. Und weil Don Fabianos Hengst ausgerechnet jetzt etwas lahmte, zog Voegi mit 3:1 ins Finale ein. Im anderen Halbfinale bewies Beni the Gun nun, warum er an diesem Turnier in den entscheidenden Momenten (fast) unschlagbar ist. Obwohl Schagg viel Druck erzeugte und auch zwei Sätze gewann, holte sich Beni the Gun drei Sätze, zwei davon mit blanker Base. Er musste dabei ein ganzes Repertoire an Finisseuren zeigen: sowohl ein 9+1, als auch ein 6+2 und sogar ein 7+3 brachte er jeweils genau mit dem letzten Stock durch. Sackstark! Umso bitterer aber für Schagg, der mit 2:3 ausschied und damit weiter auf seinen ersten Turniersieg im Einzel warten muss. Beni the Gun zog indes mit viel Selbstvertrauen ins Finale ein und war nun definitiv auf der Mission seinen siebten Mighty-Titel zu holen. Und obwohl Voegi gut dagegen hielt, war es in den entscheidenden Momenten wiederum Beni the Gun, der die Sätze zu Ende spielte. Schliesslich fiel der König zum umjubelten 3:1-Sieg für Mighty aka. Beni the Gun aka. Marc Binder. Was für eine herausragende Leistung! Ein Einzelturnier in der Schweiz zu gewinnen, ist aufgrund des hohen Niveaus schon schwierig genug. Einen Titel zu verteidigen, umso schwieriger. Aber das gleiche Turnier fünf Mal in Serie zu gewinnen, das ist schlicht von einem anderen (Sheriff)Stern! Sicher ist, dass Beni the Gun weiter munter an seinem riesigen Vermächtnis baut, Legendenstatus geniesst er längst – und zwar weit über den Wilden Westen hinaus. Würde er nicht seit Jahren den Beinamen Mighty tragen, man müsste ihn ihm spätestens jetzt geben… 

Im Spiel um den dritten Platz zeigte Don Fabiano mal wieder, warum er alles andere als ein konventioneller Spieler ist und warum bei ihm Genie und Wahnsinn so nahe beieinander liegen. Er warf gleich alle fünf Könige um, zweimal in aussichtsloser Situation, um den Satz absichtlich schnell abzugeben (um den Final noch schauen zu können), dreimal regulär im Sure Shot. Damit holte er sich doch noch Bronze und überliess Schagg nur die Ledermedaille.

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Podium Mighty Kubber 2023: 3. Don Fabiano, 1. Beni the Gun, 2. Voegi18

Resultate Mighty Kubber 2023

Beni the Gun (Breitizone)  Winner 170
Vögi18 (Beeyond)  Final 135
Don Fabiano (Horstcrew)  3. Platz 110
Schagg (Randos`)  Halbfinal 85
Buschi (Parate Kids)  Drittelfinal 58
FairEnAff (Tent it up I)  Drittelfinal 58
Tatanka (Tent it up I)  Drittelfinal 58
Boskoop (Öpfelbaum I)  Sechselfinal 35
Black Mamba (DE) (De Woodys)  Sechstelfinal 35
Lim (Parate Kids)  Sechstelfinal 35
Angry Andy (Wintikubbaz)  Sechstelfinal 35
The Sheep (risky crispy biscuits)  Sechstelfinal 35
Mr. Nice (Dbs)  Zehntelfinal 21
Iceman (DE) (De Woodys)  Zehntelfinal 21
Die linke und die rechte Hand des Königs (Down with the King)  Zehntelfinal 21
Pabst (Päcklidienst)  Zehntelfinal 21
LaMartina (Unterholz) Zehntelfinal 21
Mad Maks (Was kubbst du?) Zehntelfinal 21
RougeoMAT (Woodookubber) Zehntelfinal 21
El Funk (risky crispy biscuits) Zehntelfinal 21

Egal ob lonesome Cowboys, Banditen, Outlaws, Deputies oder Sheriffs… Die noch verbliebene Bande an dubiosen Gestalten feierte am Tresen im Saloon einerseits den Revolverhelden Beni the Gun und anderseits auch den Mighty Kubber selbst. Mit der 18. Ausgabe wurde das Turnier volljährig, Grund genug für etwas Feuerwasser an der Bar: Whisky – und zwar einen doppelten. Schliesslich sattelten auch die letzten Gangster noch ihre Pferde und ritten hinaus in die weite Welt, dem Sonnenaufgang entgegen.  

Vielen Dank an den Kubb Club Solothurn und seine Mitglieder für die gelungene Durchführung des Turniers. Sie selbst können die Cowboy-Stiefel noch nicht hochlagern, im Gegenteil: Im September laden sie zu einem zweitägigen Kubbevent in die Aarestadt ein. Während am 9. September der fünfte Öufi-Cup über die Runde geht (anmelden hier), findet tags darauf auch das zweite grosse Einzelturnier der Schweiz in – Wer errät es? Nomen est Omen! – SOLOthurn statt. Anmelden kann man sich hier

Als nächstes hält der Kubbtour-Tross aber an seiner östlichsten Station, am Galluskubb in St. Gallen am 26. August. Noch gibt es viele Plätze, also zögert nicht und schnappt euch einen davon!

Sieger Mighty Kubber

Bisherige Gewinner:innen Mighty Kubber
2006: Du besch doch e kleini (Tabea Steffen)
2007: Jean Jamais (Lukas Schirmann)
2008: Napoleon der Fisch (Beno Steinacher)
2009: Mistöpfel (Philippe Grob aka. Baus)
2010: Maighty Mayke (Mayke Herman)
2011: Gravensteiner (Roger Züst)
2012: Beni the Gun (Marc Binder)
2013: Tatanka (Marco Bleiker)
2014: Röshi (Roger Ammann)
2015: Gravensteiner (Roger Züst)
2016: Beni the Gun (Marc Binder)
2017: Hennessy (Johannes Haslimeier)
2018: Gravensteiner (Roger Züst)
2019: Beni the Gun (Marc Binder)
2020: Beni the Gun (Marc Binder)
2021: Beni the Gun (Marc Binder)
2022: Beni the Gun (Marc Binder)
2023: Beni the Gun (Marc Binder)

23_08_05_Mighty_SiegersetDas legendäre Siegerset.

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