Oliver Spiess | 17 Januar 2022
Der Aufstieg Lukes (und wie die Macht seines Namensvetters nach einem Nuller auf vier Meter doch noch erwacht)
Die Berichte mehrten sich – Brugg sei ein Nebelloch. Zur Ankunft beim Schauplatz der Ice-Rink-Kubb-Challenge 2022 hatte so manche*r eine Story über die Wetterlage der Schweiz zu berichten: Das Anekdötchen des reiselustigen Dauergastes aus dem Norden liess vermuten, der Bözbergtunnel schlucke Sonnenlicht, die Bademer*innen mussten davon ausgehen, die Aare kurble die Nebelproduktion weitaus stärker an als die Limmat – diese pseudowissenschaftliche These wiederum konnten die Kubbkolleg*innen aus Olten dementieren, von den schönwetterverwöhnten Basler*innen ganz zu schweigen (müsste der Rhein doch eigentlich Aare heissen). Die Ursachen blieben also im Dunkeln, das Resultat stand: Die Sonne grüsste an diesem doch bedeutend winterlicheren Kubbsamstag als bei der vorangehenden Ice-Rink-Ausgabe auch am Nachmittag nicht mehr.
Wie dem auch sei; die gut vierzig angereisten Teilnehmenden genossen die Rückkehr aufs Eis nach dem Turnierausfall vergangenen Jahres sichtlich, und die Spielfläche zeugte bald von den Kubbstrategien (böse Zungen sagen: Manipulationen), die sich dieses Jahr deutlicher auf dem Eis abzeichneten als in den vorherigen Ausgaben. Gemeint sind die geglätteten Bahnen, die sich mehr und mehr von den Grundlinien zu den Näschtliecken zogen. Auf jeden Fall sammelten die Kubber*innen fleissig Sternchen und dank der zweimaligen Turniererweiterung – nach einer ersten Abstimmung auf sieben Runden, nach einer zweiten auf acht; weshalb sich das in Kubbkreisen bisher für unmöglich Gehaltene ereignete (ein dem Zeitplan vorauseilendes Turnier), wird Gegenstand der Aufarbeitung der unabhängigen MUK (Mauschelei-Untersuchungskommision) sein müssen – durften sich dieses Jahr die allermeisten über mindestens einen Stern auf ihrer Brust freuen. Gar den Schatten des in Eiskubb-Insiderkreisen als «der Mann ohne Sterne» berüchtigten Lim Shadys erhellte irgendwann ein Glitzersternchen.
Nach acht Runden Kubb standen dann die meisten Halbfinalist*innen fest und zumindest von einem wussten wohl die meisten, dass er es geschafft hatte: Vögi18 ging nach acht von acht Spielen als Sieger vom Platz und tat dies auch prominent kund. Nebst ihm schafften Miss Sophie als Einzige mit sieben Sternen und sieben weitere Teilnehmende mit sechs Sternen den direkten Halbfinaleinzug; die sechs Spieler*innen, die fünfmal siegen konnten, mussten nun noch die verbleibenden drei Halbfinaltickets im Shootout unter sich ausmachen. Und jenes begann, ziemlich unerwartet, mit einem Nuller von Boskoop auf vier Meter. The Sting, Lighty Leutsch und Nonjimm liessen sich die Chance nicht entgehen und qualifizierten sich mit einem Treffer direkt für die KO-Runde, begünstigt durch die Schützenhilfe von Hanzel und Beccasmamabear, die mit ihrem Verwerfen auch Boskoop nochmals eine Chance gaben. Dieser setzte sich nach seinem doch eher suboptimalen Start dann tatsächlich durch – Beccasmamabear musste die Segel nach einem Nuller auf fünf Meter streichen, Hanzel schied nach Treffern auf fünf und sechs Meter im Duell auf sieben Meter aus.
Und so bildeten Vögi18, Miss Sophie sowie Winnie und Hempman, die sich im Curlingshootout um den Vorteil, ein eigenes Team zusammenstellen zu können, gegen die anderen durchsetzten, ihre Teams. Im einen Halbfinale duellierten sich daraus resultierend Boskoop, Leutsch und Winnie mit Hempman, Fairenaff und McBeardy, wobei Erstere dem Aus nur knapp entkommen konnte. Der erste Satz ging trotz Anspielvorteils an die Basel-Baden-Kombo und somit mussten Boskoop, Leutsch und Winnie gleich zweimal hintereinander finissieren, um dann doch noch ins Endspiel zu gelangen. Im zweiten Halbfinale zog der bislang ungeschlagene Vögi18 im wichtigsten Spiel zum ersten Mal den Kürzeren. Zusammen mit Bums Andi und The Sting reichte es gegen Nonjimm, Miss Sophie und Poco Loco mit 2:1 knapp nicht. Glänzen durfte derweil aber Letzterer mit einer Doublette zum Finisseur.
Und so standen vor dem Grande Finale nur noch zwei kleinere Challenges auf dem Programm. Zuerst durften Unbeteiligte über das Glück der Personen entscheiden, die sich im Rahmen des KCUA-Adventskalenders für die Verlosung qualifiziert hatten. Im zu diesem Zweck durchgeführten Curling gewannen Leutsch und Bohrito für Nattü und Gesus300 einen Freidreh am Glücksrad des KCUA Cups bzw. eine KCUA-Sonnenbrille, während J.W. Pljuschtschenko mit einem eher unfreiwilligen Fallwurf der etwas anderen Art das KCUA-Shirt für Gönk herausholte. Das darauffolgende Stechen, in dem sich McBeardy, Driiiiiiibiiiiiii und Fairenaff duellierten, entschied dann über die dieses Jahr neu eingeführte Kür des Doublettenkönigs. Das Minigame – wie könnte es anders sein? – bestand darin, im Sudden-Death-Modus eine letzte Doublette zu schiessen. Dem Entscheidungsgame gingen von den drei Kandidaten doch sehr beachtliche je vier Doubletten in acht Spielen voran – und das Minigame startete fulminant. Gleich der erste Schuss von McBeardy wäre beinahe zur Y-Triplette geworden, beide Kubbs blieben nach kurzem Wackeln jedoch stehen. Darauf folgten je zwei Fehlversuche von Fairenaff und Driiiiiiibiiiiiii und noch während Ersterer meinte: «do simmer murn noni fertig» und Letzterer zustimmte, schnappte sich McBeardy mit seiner fünften Doublette des Tages die Krone. Ausser dem künstlerischen Glanzmoment (und umherrutschenden Menschen, die vor- und zurückslidend ihre Näschtlibahnen präparierten), in welchem Schagg den Hausbeatboxer Gesus300 bei seiner Performance übers Mikrofon mit dem fein auf seinen Sound abgestimmten Surren des Akkuschraubers begleitete, stand dem grossen Finale der Ice-Rink-Kubb-Challenge 2022 somit nichts mehr im Wege.
Kurzerhand erhielten die beiden Finalteams noch einen Namen; Turnierorganisator Buschi taufte Boskoop, Leutsch und Winnie als «KP Horstdogs», das aus Nonjimm, Miss Sophie und Poco Loco bestehende Team als «Bade-Fisi-Chillers». In diesem Finale ging es jedoch nicht nur um einen Turniersieg, nein: Boskoop bot sich die einmalige Chance, in den erlauchten Kreis der Ice-Rink-Titelverteidiger*innen einzutreten, der bisher bestand aus: Waveman. Boskoop deswegen einen grossen erfahrungsbedingten Vorteil zuzusprechen, wäre aber falsch: Mindestens in einem Ice-Rink-Halbfinale befanden sich (ausser Poco Loco) in der Vergangenheit bereits alle, die dieses Jahr um den Titel spielten; Sophie konnte den begehrtesten Schlittschuh der Welt sogar bereits einmal mit nach Hause nehmen (als sie Waveman 2019 zur historischen Titelverteidigung verhalf). Während beide Teams mit einer eher unterirdischen Leistung auf vier Meter starteten, spielten sie immerhin auf acht Meter sehr solide. Nachdem die Horstdogs – zu diesem Zeitpunkt im Vorsprung, was die Anzahl Basekubbs betrifft – mit einer leeren Base auf der gegnerischen Seite fast noch stehen gelassen hätten, haperte es auf ein sehr kompaktes Näschtli auch bei den Chillers und somit konnten Erstere den Satz eintüten. In den zweiten Satz starteten beide Teams auf vorne solider, nach einer überraschend schwachen Runde der Horstdogs auf acht Meter (das heisst auf diesem Niveau: zwei Nuller hintereinander) packten die Chillers die Chance und leerten beinahe die Base (mit einer zweiten Doublette nach der ersten in Satz 1 und zwei direkten Treffern). Im Anschluss an eine nicht schlechte Antwort der Horstdogs legten sich diese in der übernächsten Runde jedoch selbst ein Ei: Zwei stehengelassene Kubbs erleichterten den Chillers den Ausgleich zum 1:1. Im entscheidenden Satz war deren Leistung dann aber doch etwas gar dünn – trotz einer Flaute in der vorletzten und einem Strafkubb in der letzten Runde schaukelten die Horstdogs das Ding nach Hause. Auf dem Feld nebenan erkämpften sich derweil der «Acht-Sterne-Mann und seine Compañeros» (Vögi18, Bums Andi und The Sting; Teamname by Buschi) gegen «De Lars und sini zwei Basler Läckerli» (Hempman, Fairenaff und McBeardy; Namensschöpfer derselbe) noch den dritten Platz.
Ganz nach Matthäus’ Versprechen zum Endgericht durfte Boskoop, der sich als Letzter fürs Halbfinale qualifiziert hatte, nun also der Erste sein. Aber auch Lighty Leutsch aka. Lucky Luke war in anderer Art und Weise der Letzte: Als Letzter wurde er bei der Zusammenstellung der Teams gewählt bzw. zugeteilt, die Hintergründe dieser überraschenden Tatsache sind noch nicht gänzlich geklärt (als Recherchestartpunkt für motivierte Spürnasen sei folgende Antwort Miss Sophies auf die Frage, weshalb sie Poco Loco und nicht Leutsch gewählt hatte, zitiert: «De Loco macht halt eifach loco Sache!»). Vielleicht hätte sie sich bei der Entscheidung aber auch Beru Lars’ Worte in Erinnerung rufen sollen: Luke ist eben nicht nur ein Farmer. Ob Lucky Lukes Macht ebenfalls von seinem Vater stammt, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Klar hingegen ist: Nach seinem bereits vierten Ice-Rink-Halbfinaleinzug in Folge (4. Rang 2018, 4. Rang 2019 und 2. Rang 2020, 2019 übrigens mit dem selbstgewählten Teamnamen «Rogue One») ist der Aufstieg Lukes mit dem jetzigen Turniersieg perfekt. Doch zu guter Letzt nochmals zum Endgericht: Jenes hiess an diesem Abend Fondue. Und so verweilten die Eisköniginnen und Eiskönige der sechsten Ice-Rink-Kubb-Challenge den Rest des Abends im gemütlichen Chalet nebenan bei Wein und Tomaten-, Chilli- oder gewöhnlichem Fondue, zockten sich gegenseitig beim Pokern ab oder liessen den Abend anderweitig ausklingen.
Resultate Ice-Rink-Kubb-Challenge 2022
«KP Horstdogs»: |
1. Platz | |
«Fisi-Bade-Chillers»: Miss Sophie, Nonjimm, Poco Loco |
2. Platz | |
«Acht-Sterne-Mann und seine Compañeros»: |
3. Platz | |
«De Lars und sini zwei Basler Läckerli»: Fairenaff, Hempman, McBeardy |
4. Platz |