Oliver Spiess | 6 Juli 2022

Wo Träume in Erfüllung gehen: Schweizer Kubber*innen sahnen in Wismar an den dritten Europameisterschaften ab

Prolog: Einstimmung auf dem wohl grössten Kubbturniergelände aller Zeiten

Kubbspieler*innen aller Länder vereinigt euch! Der Ruf zu den European Kubb Championships (EKC) erklang endlich wieder und Leute aus ganz Europa folgten ihm: 221 Spieler*innen nahmen am Einzelturnier teil, 105 Teams reisten für die beiden Dreierturniere an, ganze 12 Nationen waren vertreten: Belgien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien und Tschechien. Ein Rekord! Das Motto der nationalverbandsgestützten Europameisterschaften, die dieses Jahr zum dritten Mal vonstatten gingen, strahlte denn auch dieses Jahr von den offiziellen Turniershirts: Kubb unites Europe! Und so ging abermals ein Gespenst in einer europäischen Stadt um – das Gespenst des Kubbsports. Nach Baden 2018 und Antwerpen 2019 bevölkerten die Kubbhorden dieses Jahr die Hansestadt Wismar an der Ostsee und hauchten dem dortigen Bürgerpark den Kubbgeist ein: Schon bei der Ankunft in den weitläufigen Grünanlagen etwas ausserhalb der Stadt am Donnerstagabend wurden die Kubbfelder fleissig bespielt, die legendäre EKC-Arena ragte bereits in den Himmel und der Barbetrieb lief auf Hochtouren. Entsprechend locker zeigte sich auch die Stimmung: Das wundervolle Wiedersehen der Kubber*innen der coronabedingt zwei Jahre lang voneinander – mehr oder weniger – abgeschotteten Länder sorgte bereits bei der Eröffnungsfeier für beste Vibes. Noch bis in die späten Abendstunden wärmten sich die einen auf dem Turniergelände auf, während die anderen durch die Bars Wismars schwärmten: Der Auftakt war gelungen.

Tag 1: Déja-vus im Einzelturnier und die Niederlagen des Wochenendes

In aller Frühe pilgerten die Massen am Freitagmorgen wieder gen Bürgerpark – geplanter Turnierstart um 8:30 Uhr – und sahen vorerst vor allem eines: Regen, Regen, Regen. Entsprechend versammelten sich die Kubber*innen erstmal kuschelig unter den Pavillons, ausgerüstet mit einer bunten Palette an Fritz-Limos oder auch bereits mit einem Bier in der Hand. Einer der sehr wenigen Kritikpunkte an diesem fantastischen Turnier: Mit Kaffee aufwärmen konnte sich eine*r erst gegen 10:00 Uhr, mindestens wett machte es dafür dann die Qualität der Kaffeebar, oder um es mit den Worten Nados zu sagen: «Capuccino amene Kubbturnier, dasch ja de Hammer!» Der Himmel schüttete auf jeden Fall in gnadenloser Stärke weiter. Doch als wäre es so eingeplant, liess der Wasserfall noch vor Turnierbeginn nach und der Startschuss zu den EKC 2022 erschallte durch die Weiten der Kubbfelder, Blumenbeete und Gartenanlagen des Wismarer Bürgerparks.

Eines ist klar, wenn sich die Besten und Allerbesten Europas an einem Turnier versammeln: Es wird hart, verdammt hart. Acht Runden Schoch, danach direkt Sechzehntelfinals, für die anderen rund 190 Spieler*innen noch zwei Runden Platzierungsspiele, die gegebenenfalls entscheidend für den Einzug in die 6er-Nationalmannschaften sind. Undankbare Duells sind in einem solchen Turnier vorprogrammiert, als besonders schade wird es aber jeweils empfunden, ausgerechnet gegen Landsleute antreten zu müssen (und das auch noch in den ersten Runden, in denen die Topspieler*innen vielleicht auch mal auf neue Gesichter treffen könnten): So musste etwa Andi Pieper in der ersten Runde gleich gegen Lüg ran, oder vielleicht besser gesagt: Letzterer musste gegen Ersteren ran, denn dieser bescherte Lüg gleich die erste Niederlage. Und so nahmen die Runden in einem ziemlich reibungslosen Turnier ihren Lauf, gar das Wetter spielte einige Stunden einigermassen mit.

Zur Mittagspause durften die Angereisten aus den Angeboten gleich mehrerer Foodtrucks auswählen: Nicht nur Fischbrote und Wraps gab es zu haben, auch etwa Chilli con Carne oder Gemüsecurry sorgten für einen guten Mix im Gastroangebot. Nach fünf der acht Runden sah es um die Mittagszeit erfreulich aus für die Schweizer Garde: 22 Schweizer*innen durften in der sechsten Runde über die begehrten Spielfelder eins bis vierzig wachen, die – entgegen den Feldern 41 bis 111, zu denen es ein kleiner Marsch vorbei an den Brunnenanlagen war – bei einem Sieg als Sprungbrett in die Top 32 galten. Gleich vier Schweizer*innen platzierten sich zwischenzeitlich gar auf den ersten sechzehn Rängen: Während Fisch mit neun Punkten an der Spitze der langen Rangliste stand, gefolgt von Jacky auf Platz vier und Sophie auf Nummer sieben, folgte dahinter auch noch Jeffrey aus Solothurn (Rang 13), der in diesem Turnier wohl getrost als Überflieger des Tages bezeichnet werden darf.

Doch im Schochmodus entscheiden die letzte Runden und insbesondere auch die Resultate der vormaligen Gegner*innen (der Beweis folgt sogleich) über Weiterkommen oder Ausscheiden, nur die Besten können sich in der letzten Runde noch eine Niederlage erlauben. Einer, der sich auch diesen Patzer nicht erlaubte und damit seine Siegesserie fortsetzte (abgesehen von der Niederlage im Zweitrundenspiel liess er keinen einzigen Punkt liegen), war Züst: Mit einem Sieg in der achten Runde auf Feld 1 sicherte er sich dominant als Einziger mit 14 Punkten den besten Startplatz für die KO-Phase, gefolgt von Fisch auf Platz 3 unter den drei Einzigen mit mindestens 13 Punkten und Pädu auf Rang fünf. Nebst Nonjimm, Vögi und Tschepetto, die sich mit elf Punkten im Endklassement noch souverän qualifizierten, mussten Jacky, Sophie und Mighty mit zehn Punkten schon mehr zittern, schafften den Sprung in die Top 32 aber dank des Buchholzwerts. Dahinter folgten mit gleich vielen Punkten aber noch fünf weitere, die aus der Schweiz angereist waren: Für Nado, Hennessy, Lim und Pepe reichte es wegen eines einzigen Buchholzpunktes nicht, für Winnie fehlten zwei derselben, bei Fäbu hätten es immerhin elf mehr sein müssen. q. e. d. Doch die normalerweise oft eher unbeliebten Rangierungsspiele bekamen dieses Jahr an den EKC einen zusätzlichen Kick: Da sich «nur» neun Schweizer*innen für die Sechzehntelfinals qualifiziert hatten, waren noch drei der beliebten zwölf Startplätze in den beiden Schweizer Nationalmannschaften zu besetzen – und die Anwärter*innen auf diese Ehre waren klar. So ging es für einige nochmals um alles, während andere immerhin noch ein Platzierungstagesziel zu erreichen versuchten. In den starken Top 50 konnten sich schliesslich Bastien, Nixxen, Schnüsi, Lüg, Hennessy, Jeffrey, Jonas, Fäbu, Nado und Winnie platzieren, wobei die 6er-Team-Qualifikation für letztere drei Tatsache hätte sein können. Hätte (1). Denn dieses Mal waren es Jonas und Fäbu, die buchholzpunktegleich auf Rang 38 lagen – ein Shootout musste her. Im 8+2 entschied Fäbu dasjenige für sich und sicherte sich somit den Platz, der der letzte hätte sein sollen. Hätte (2). Denn Nado hatte trotz nochmals starker Leistungen in Runde neun und zehn – sie erspielte sich ein 2:0-Sieg gegen Kubb’Ing Robert und ein 1:1-Unentschieden gegen den Tschechen Petr Forst – nach einem langen Kubbtag, an dem sich vor allem nachmittags doch noch das eine oder andere Mal der Himmel öffnete, es vor allem aber auch einige Grad kälter wurde, die Nase voll und überliess ihren Platz Jonas, der somit doch noch in der Nati mitmischen konnte. Die Schweiz hätte also mit zwei Teams in der kubbschen Urdisziplin antreten können. Hätte (3). Denn die Kubber*innen aus Grossbritannien hatten im eigenen Land mit Streiks zu kämpfen (vgl. Prolog: «… vereinigt euch») und mussten somit ihren Platz freigeben, womit: Die Schweiz als führendes Land im Nationenranking als einziges einen dritten Platz im 6vs6-Turnier abbekam, in dem dann Bastien, Nixxen, Schnüsi, Lüg, Hennessy und Jeffrey antreten durften!

Zuerst folgte aber die Fortführung des Einzelturniers, begleitet von einem edlen Bonus, den das riesige Turniergelände ermöglichte: Für die KO-Phase wurden weitere, bisher noch unbespielte Kubbfelder zur Verfügung gestellt. Ein Luxus angesichts der Tatsache, dass im Bürgerpark bereits rund 110 andere Spielfelder aufgestellt worden waren. Die Schweiz auf jeden Fall war mit neun Anwärter*innen nicht nur dieses Jahr in der KO-Phase gut aufgestellt: Züst, Fisch und Jacky gehören zusätzlich auch zu den einzigen sechs Spieler*innen überhaupt, die bereits in allen drei Ausgaben der European Kubb Championships, dem härtesten Einzelkubbturnier der Welt, die KO-Phase erreichten (nebst Joakim Ekelöf und Per Norman aus Schweden sowie Yentel Castrel aus Belgien). Alle sechs sollten auch dieses Jahr wieder von sich reden machen. In der einen Tableauhälfte revanchierte sich aber erst einmal Tschepetto bei Jürgen Mommerency für dessen Triumph im Halbfinale der EKC 2019, während die Fischergeschwister nur teils erfolgreich blieben: Sophie zog gegen den Drittplatzierten der letzten Ausgabe der EKC, Yentel, den Kürzeren. In der anderen Tableauhälfte bekamen es zwei Schweizer Kubblegenden gleich mit den richtig dicken Fischen zu tun: Mighty musste sich vom Europameister der ersten EKC-Ausgabe 2018, Ekelöf, geschlagen geben, Züst eliminierte mit Nicolas Neyt den Champion von 2019. Auch Pädu und Nonjimm avancierten ins Achtelfinale, Letzter musste dabei ohne Rücksicht auf Verluste Vögi aus dem Turnier schmeissen. Im letzten Sechzehntelfinale mit Schweizer Beteiligung sorgte Jacky für den mit Sicherheit spektakulärsten Finisseur des Wochenendes. Nachdem es im dritten und somit letzten Satz gegen den Belgier Jens Lietanie mächtig eng wurde für den EKC-Vierten von 2018 – nach zwei Anspielnullern von Jacky und drei folgenden Treffern des Belgiers –, folgte die beste Spielrunde, die der Brugger je gespielt hat: Mit dem ersten Wurf fiel nicht nur der Dreierhaufen; auch einen Basekubb brachte er zugleich zu Fall, danach ein zweiter, ein dritter, ein vierter, ein fünfter, der König – der 5er-Finisseur war perfekt und Jacky im Achtelfinale. Auch dort blieb er in einem weiteren Schweizer Duell gegen Pädu erfolgreich, Nonjimm widerfuhr gegen Züst dasselbe Schicksal wie dem Oltner. In der anderen Tableauhälfte setzte sich Buschi gegen Stefan Dossche durch, Tschepetto musste sich gegen oben genannten Per Norman verabschieden. Schade hier: Der Einzug ins Viertelfinale hätte Tschepetto die Revanche gegen Yentel ermöglicht, eine Neuauflage des Spiels um Bronze an den EKC 2019, in dem sich die beiden Spieler mit unglaublich starken Leistungen auch im Spiel um Platz drei nichts geschenkt hatten.

Auch wenn sich das Schweizer Feld also ausdünnte, blieb die Besetzung mit drei Vertretern äusserst stark. Und in beiden Hälften sollte ein Schweizer die sagenumwobene Schwelle ins Halbfinale überschreiten: Während Züst dem Österreicher Jakob mit 3:0 keine Chance liess – ähnlich klar wurde in der anderen Tableauhälfte Per von Yentel eliminiert –, mussten die anderen beiden Schweizer mächtig zittern: Buschi löste gegen Kim Heremans endlich das langersehnte EKC-Halbfinalticket, für Jacky bedeutete diese Runde das Aus. Wie bereits 2018 im Halbfinale musste er sich dieses Jahr im Viertelfinale von Ekelöf geschlagen geben. 

Und so liefen die vier Kubbcracks unter tosendem Applaus von vom Turnier-OK auf sie abgestimmten Soundtracks begleitet in die Arena, auf dem einen Feld: Buschi gegen Yentel. Auf dem anderen: Züst gegen Ekelöf, welcher den Schweizer 2018 bereits im Viertelfinale geschlagen hatte. Während Züst noch einige Stöcke zwischen den Beinen hindurch auf die andere Seite des Feldes beförderte, ging es im Halbfinale von Buschi bereits rund: Nach zwei Nullern von Yentel startete Buschi mit drei Treffern stark, doch vier kamen zurück und eine mässige Einwerfrunde von Buschi bescherte Yentel das 1:0. Im anderen Halbfinale, nicht nur wegen Züsts Show etwas langsamer voranschreitend, sondern auch wegen Ekelöfs besonders guter Verankerung der eingeworfenen Kubbs im Boden, konnte Züst vorlegen, im nächsten Satz folgte das 1:1. Nach einem harzigen Satz bei Buschi – sowohl er als auch sein Gegner spielten nicht auf ihrem Höchstlevel, was ihnen nach einem solchen Tag auch nicht zu verübeln ist –, den er nach zwei unglücklichen Würfen aufs Kubbköpfchen doch noch gewinnen konnte, schien es in der Folge wie verhext: Einen Tick besser – hier einen Basetreffer mehr, da einen etwas kompakteren Haufen – hätte es laufen müssen und Buschi hätte im Finale gestanden. Doch Yentel brachte das Ding über die Runden und setzte sich schlussendlich mit 3:1 durch. Auch bei Züst zog sich das Spiel in die Länge, im dritten Satz hatte er zweimal die Chance auf den 1er-Finisseur und musste dann das 2:1 für Ekelöf kassieren. Auch wenn das Spielende noch etwas länger auf sich warten liess und sich Züst schlussendlich mit 3:2 geschlagen geben musste, kann man ihm eines nicht vorwerfen: Dass er etwa das Publikum nicht unterhalten hätte. Und: Weit vorbei am Finaleinzug ging es wie im anderen Halbfinale auch bei ihm nicht. Nachdem er den vierten Satz noch souverän für sich entscheiden konnte, folgte das Momentum noch in den ersten beiden Runden des fünften Satzes: 2 Nuller von Züst, 4 Basetreffer von Ekelöf zurück – da half auch die laut umjubelte Doublette nichts mehr. Sein eigenes Fazit im O-Ton: «Jetzt hetti ihn ade Eier gha!»

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Resultate 1vs1-EKC

Yentel Castrel 1. Platz
Joakim Ekelöf 2. Platz
Christoph Fischer 3. Platz
Roger Züst 4. Platz
Jacky Suter Viertelfinal
Jakob Hanslik Viertelfinal
Kim Heremans Viertelfinal
Per Norman Viertelfinal

Auf jeden Fall erlebte die Kubbschweiz nach den Revanchen in den vorangehenden KO-Phasenspielen auch im kleinen Finale der 1vs1-EKC ein Déja-vu: Bereits 2018 und 2019 waren Yentel und Ekelöf zu Stolpersteinen im Halbfinale geworden, und bereits 2018 wäre das Schweizer Final möglich gewesen, wurde dann aber zum kleinen Schweizer Finale. Beklagen wollen wir uns nicht; ein grosser Traum ging in diesem kleinen Finale für Buschi bereits in Erfüllung: eine Medaille am bestbesetzten Einzelturnier der Welt. Mit 3:0 ballerte er da ungefährdet in nur wenig mehr als fünfzehn Minuten Züst weg. Im Spiel um Platz eins blieb Ekelöf gegen Yentel dann chancenlos, Letzterer schien sein Niveau beliebig an jenes des Schweden anpassen zu können – auch nach unten. Nach zwei schnellen Sätzen zum 2:0 liess Ekelöf einen versetzten Kubb gar im Feld stehen, Yentel antwortete sogar noch mit einem Nuller auf vier Meter und liess sich dann noch zwei Runden Zeit. Den Sack zu machte er dann mit einem 8-in-1-Schuss nach einer wieder einmal grandiosen Setzrunde; Ekelöf blieb noch, den Hut zu ziehen (im wahrsten Sinne des Wortes), die mehrfachen Verbeugungen muteten dann doch schon etwas ironisch an.

Die ersten Punkte für das Nationenranking, reichlich an der Zahl mit einem Viertelfinalisten und zwei Halbfinalisten, waren geholt, und so startete das zweite Turnier des Tages: die 6vs6-EKC! Die Erwartungen waren hoch: Nicht nur stellte die Schweiz das auf dem Papier – nach Resultaten der 1vs1-EKC – stärkste Kader, sie durfte deshalb auch als einzige Nation mit drei Teams an den Start. Und: Die Schmach der EKC 2019 wollte überwunden werden. Damals war für beide Teams bereits vor den Halbfinals Schluss gewesen, 2018 hatten sie immerhin Rang 3 und 4 belegt, was mit Blick auf das Nationenranking aber auch dort ein Dämpfer gewesen war: Im Halbfinale mussten sie sich jeweils von Belgien 1 beziehungsweise Belgien 2 geschlagen geben, was im Anschluss zu mehr als tausend Punkten Vorsprung auf die Schweizer Kubber*innen führte, die immerhin den zweiten Platz belegten. Der Turniermodus der 6vs6-EKC dieses Jahr: Vier Gruppen à vier Teams und vier Plätze in der KO-Phase. Die Vorrunde startete für Schweiz 1 und Schweiz 2 mit 2:0-Siegen gegen Österreich 2 und Frankreich noch nach Mass, während Schweiz 3 bereits in der ersten Runde nur ein 1:0 gegen Tschechien 2 herausholen konnte. Der Kosmetikpunkt gegen Spanien konnte hier auch nichts mehr richten, im entscheidenden Spiel gegen Belgien 1 hätte ein klarer Sieg auf den Tisch müssen. Letztere qualifizierten sich dann souverän mit drei Siegen aus drei Spielen für die Halbfinals. Nur wenig besser lief es für Schweiz 1, die nach dem Startsieg nur ein 1:0 gegen Deutschland 2 erreichten. Dass sie eine starke Gruppe getroffen hatten, war nach der 2:0-Niederlage gegen Tschechien 1 kein grosser Trost mehr. Zwei herbe Niederlagen für die Schweizer Vertreter*innen, zwei Niederlagen, die nun höchstens noch vom dritten Team, Schweiz 2 in der Gruppe D, gutgemacht werden konnten: Nach einem weiteren Pflichtsieg gegen Luxemburg stand diesem im letzten Spiel Schweden 1 gegenüber, das in seinem zweiten Spiel gegen Frankreich nur einen Punkt holen konnte. Eine Erklärung hierfür mag das entscheidende Spiel gegen das Schweizer Team liefern: Nachdem Schweden 1 den ersten Satz für sich entschieden hatte, spielte es vor allem auf Zeit – was schlussendlich zum undankbaren Unentschieden in der Gruppenendwertung und in der Folge zu einer kubbtourpräsidialen Hiobsbotschaft im Swisskubbchat führte: «dSchwiiz hett sich wedermal bis ufd Knoche blamiert im 6er». Doch die Direktbegegnung wurde nicht zur Entscheidung um den Gruppensieg und folglich auch den Einzug ins Halbfinale herbeigezogen. Das Shootout jedoch wurde auf den Samstag vertagt und so schien noch ein kleiner Lichtblick, um die abermalige Blamage abzuwenden. In der vierten Gruppe setzte sich derweil klar Deutschland 1 mit 2:0-Siegen gegen Belgien 2, Österreich 1 und Schweden 2 durch.

Nach diesem unverhofften Cliffhanger im 6er-Turnier schloss auch langsam der Späti, der nach Ladenschluss der angefahrenen Foodtrucks noch für Verpflegung gesorgt hatte, und gegen zwölf Uhr wurde der Platz geräumt. Trotz der Ungewissheit über den Ausgang in Gruppe D gab es zumindest eine Gewissheit, auf die eine*r sich verlassen konnte: Taxis zu kriegen – das ist in Wismar schwierig. Und so machten sich die meisten zu Fuss, andere mit dem Leihvelo, auf in die Nacht; in Vorfreude auf den entscheidenden Tag der European Kubb Championships 2022. 

Tag 2: Drei Newcomer im Finale, (schon wieder) ein Finisseur für die Geschichtsbücher und präsidiale Freudentränen nach dem grossen Triumph

Der Samstag startete zuerst einmal vor allem: komplett anders als der Tag davor. Die Sonnenstrahlen begrüssten eine*n bereits früh morgens durch die Fensterscheiben, der Kaffee und die entsprechende Expertin standen schon vor Turnierbeginn bereit und auf dem Tableau der Nationenwertung bildeten sich bereits erste Zwischenstände ab. Zwar war eine so krasse belgische Dominanz wie in 2019 bereits abgewendet. Dort holten sich diese so ziemlich alles, was es zu holen gab, die Einträge im Nationenranking lauteten (in jeder Kategorie zählen die besten drei Resultate, im 6vs6 nur eines): 1., 2. und 3. Rang im Einzel, 1. Platz, 2. Platz und Viertelfinale im 3vs3, 1. Rang im 6vs6. Entsprechend fehlten nur 400 Punkte im Dreierturnier zum absoluten Maximalscore, mehr als doppelt so viele Zähler sammelten sie als die Schweiz, die immerhin auf dem zweiten Rang lag im Nationenranking. Dieses Jahr standen die Schweizer Kubber*innen in diesem auf der Rückseite des Speakercontainers leider etwas gut versteckten Tableau nicht allzu schlecht da: mit 1200 Punkten betrug der Rückstand auf Belgien 300 Zähler, der Vorsprung vor Schweden 200. Doch eines war klar: Schweiz 2 musste es im Shootout in die Halbfinals schaffen; ansonsten würde es extrem knapp werden.

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Resultate EKC Freshman's Cup

Füchse Wahrstorf 1. Platz
drü grossi bier 2. Platz
Kubb Potsdam 3. Platz
kovera 4. Platz
Absolute Beginner Viertelfinal
Chlotzchönige Viertelfinal
Dabei is alles Viertelfinal
Kubbcat Viertelfinal

Die Dreierteams starteten am Samstag bereits am Morgen in zwei Turnieren in den Tag: Fast siebzig Teams gingen in der 3vs3-EKC an den Start, im Freshman’s Cup spielten knapp 40 Teams um den Titel. Im erwartungsgemäss harten Kampf um den Einzug in die Achtelfinals in der 3vs3-EKC galt es, in acht Spielen auf die vordersten sechzehn Plätze zu gelangen. Zur Mittagszeit, also nach fünf Spielen auf zwei Sätze, konnte bereits kein Team mehr die maximale Punktzahl aufweisen. Blue/Orange und kubbless belegten die ersten beiden Ränge, gefolgt von den Schweizer Teams Parate Bees (Buschi, Lim, Vögi) und Breitizone. Dahinter: Eine sprichwörtliche Wand aus belgischen und deutschen Teams, erst auf den Rängen 17 bis 19 lauerten Kubb of Tea with no Additives (Meury, Mitch, Nado), Ed Waldstrøm (Rebi, Sophie, Nixxen) und De Giuseppe und sini Kubbcrew, etwas weiter hinten auf Rang 21 Glatze Muskel Reis (Jacky, Tschepetto, Züst). Optimist*innen würden sagen: perfekte Plätze, um in der entscheidenden Phase vorzupreschen! Aber erst einmal: Zeit für Polonaaaiiisee! Inmitten einer hin und her wackelnd vorwärtstrottenden Menschenschlange, zwischen einer marschierenden Erdbeere und wilden Spanier*innen, fanden sich zwei Spieler eben jener lauernder Teams (Giulio und Lim), angefeuert durch die Erdbeere im Mikrofon: «Camaaan, ihr seht guuut auuus!»

Doch bald wurde die Lage wieder ernster, nach der Mittagsruhe im Schatten der Zelte oder an der Strandbar samt Strandkörben und Liegestühlen beim Späti wurden die drei verbliebenen Runden eingeläutet. Vor der allerletzten Spielrunde konnten aus der «Lauerposition» nur zwei Schweizer Teams Kapital schlagen: Während sich die Parate Bees und Breitizone souverän in den Top fünf halten konnten, preschte Glatze Muskel Reis mit einem 1:0 und einem 2:0 auf den elften Platz vor, Kubb of Tea with no Additives gelangte auf Platz 18 – für Ed Waldstrøm und Giuseppe aber schienen die Chancen auf die KO-Phase mit Rang 27 und 28 minimal. In Stellung gebracht hatten sich dafür die Kurpark Lame Ducks, die an diesem Tag den dritten Platz aus dem Jahre 2019 zu verteidigen versuchten. In etwa so verblieb die Rangliste aus Schweizer Sicht nach der achten Spielrunde dann auch: Breitizone und die Parate Bees konnten sich hinter Blue/Orange auf Rang zwei und drei platzieren, Glatze Muskel Reis und die Kurpark Lame Ducks qualifizierten sich mit dem zehnten und dreizehnten Rang noch für die KO-Phase. Unglücklich lief es hingegen für Nonjimm, der nationstraditionsgemäss als Söldner bei den Gipfelstürmern anheuerte: Mit dem weitaus höchsten Buchholzwert auf ihrem Punkteniveau – acht Punkte aus acht Spielen und mit einem Buchholzwert von 73 mindestens 13 mehr als alle anderen mit derselben Punktzahl – verpassten sie auf Rang 17 den Einzug in die Achtelfinals knapp hinter Blue/Orange 2, deren gegnerische Teams im Turnierverlauf gerade einmal gut die Hälfte der Punkte geholt hatten (= Buchholzwert von 38). Im parallel laufenden Freshman’s Cup konnten sich indes drei Schweizer Teams in die Viertelfinals kämpfen: Nebst den Chlotzchönige aus Solothurn auf dem ersten Rang waren dies die Absoluten Beginner und drü grossi Bier auf den Rängen sechs und acht.

Was die Platzierungen für das Tableau bedeuten, ist klar: Gleich in den Viertelfinals kam es zum Schweizer Duell zwischen den Chlotzchönige und drü grossi bier. Auch wenn dies gar nicht unbedingt so hätte sein müssen – die Teams auf den Rängen sechs bis acht hatten punktegleich den exakt gleich hohen Buchholzwert, was normalerweise durch Shootout ausdifferenziert würde, wogegen sich jedoch das Turnier-OK entschieden hatte (eine nicht unumstrittene Entscheidung) –, ging es sodann gleich in die KO-Phase. Die besseren Karten hatten dabei die drei Newcomer von drü grossi bier. Sie setzten sich im Tiebreak eines spannenden dritten Satzes gerade noch so gegen die Solothurner Crew durch. Auch für die Absoluten Beginner war das Abenteuer gleichzeitig zu Ende, gegen die Füchse Wahrstorf zogen sie den Kürzeren. Umso mehr feuerte die Schweizer Delegation nun drü grossi bier an, die sich mit einem souveränen 2:0-Sieg gegen Kubb Potsdam in der Doppelarena fürs Finale qualifizierten hatten und die Chance aufrechterhielten, den Pokal des Freshman’s Cups nach dem Sieg durch Karate Kubb 2018 wieder in die Schweiz zu holen. Doch im ersten Satz des Finalspiels schien der Wurm drin: Auf hinten wollten die Kubbs nicht fallen, den Rest gab dann ein falscher Hase. Schon rief das Turnier-OK über die Lautsprecheranlage die Sieger*innen aus – doch erst ein Satz war gespielt. Im zweiten Satz ging es dann aber schnell: Mithilfe des Tiebreaks und einer passablen Achtmeterquote schnappten sich die Füchse auch den zweiten Satz und somit den Titel. Im kleinen Finale setzte sich Kubb Potsdam mit 2:1 gegen Kovera durch.

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Die Tableausetzung in der 3vs3-EKC lief aus Schweizer Sicht glücklicher als im Freshman’s Cup und auch als für andere Nationen: Während Blue/Orange, Kubbless, die Kubb’Ings und die Chouffekubbers in der ersten Runde gleich ihre Landsleute von Blue/Orange 2.0 (Schweden), ILTIS, Fortschritt99 (beide Deutschland) und Skubb onder a gat (Belgien) eliminieren mussten, konnten die Schweizer Teams ohne schlechtes Gewissen auf den Putz hauen. Was leider nicht zwingend Erfolg verspricht: So mussten die Kurpark Lame Ducks und Glatze Muskel Reis gleich in den Achtelfinals nach umkämpften Spielen gegen Kubb them all und Dope (beide Belgien) den Hut ziehen. Übrig blieben lediglich Parate Bees und Breitizone, die sich in der Folge aber auch gleich den Einzug in die Halbfinalarena erkämpften: Parate Bees konnte die Chouffekubbers mit 3:0 vom Platz fegen, Breitizone rächte sich bei Dope für die drei Baden-Brugg-Kollegen mit 3:2. Die nächste Runde hatte eine gute und eine schlechte Nachricht für die Kubbschweiz parat. Die gute: Mindestens eines der beiden Schweizer Teams wird im Finale stehen. Die schlechte: Höchstens eines der beiden Schweizer Teams wird im Finale stehen. Aber zuerst zum anderen Halbfinale: Dort duellierten sich Kubbless mit den Kubb’Ings in einem lange andauernden und zähen Spiel. Zwar hatte Kubbless bereits 2:0 geführt und in der nächsten Runde wäre auch der letzte Kubb auf der Base der Kubb’Ings durch Tiebreak entfernt worden. Dennoch war es ein bitterer Ausgang des Spiels für die Kubb’Ings, als diese erfahren mussten, dass das Spiel sogar bei einem Satzgewinn zum 2:1 gegessen gewesen wäre – so die Tiebreakregeln nach dem Official Rule Set of the European Kubb Championships. Früher zu Ende ging hingegen das Schweizer Duell auf dem anderen Feld in der Arena. Nachdem Parate Bees und Breitizone noch gemeinsam den Breitizonesong feierten, konnte es auch hier ans Eingemachte gehen. Den ersten Satz schaukelte Breitizone mit Anspielvorteil ungefährdet nach Hause, bei den drei Gegnern haperte es vor allem noch an der Quote auf acht Meter. Im zweiten Satz musste Parate Bees zwar mitanschauen, wie Lim den König mit dem sechsten Wurf der Runde nur zum Wackeln brachte – ein Setzkubb und oben drauf noch ein falscher Hase bescherten ihnen aber eine Freirunde und somit den Satzausgleich. In der Folge ging es schnell: Als Antwort auf Breitis Eineranspiel folgte eine Nullerrunde, anschliessend die Baseleerung durch Breiti, nochmals eine Nullerrunde und als logische Folge das 2:1 für Breitizone. Pepes Doublette nach dem Eineranspiel durch Parate im vierten Satz setzte den Startpunkt zum Todesstoss: Mit einem sauber erarbeiteten Zweierfinisseur in der zweiten Wurfrunde setzte sich Breiti durch und schaffte den Einzug ins Spiel um den Titel des besten Teams Europas.

Aber auch im kleinen Final der 3vs3-EKC ging es unter der langsam tief stehenden Sonne noch um mächtig Punkte für die Nationenwertung und nicht zuletzt: um die bronzene Medaille. Trotz suboptimalem Start von Parate Bees – zwei Nuller auf vorne und einer auf hinten folgten auf das Eineranspiel der Kubb’Ings – schnappten sie sich gleich den ersten Satz. Die Konzentration schien nach einem fast schon zwölf Stunden langen Kubbtag etwas nachzulassen, nach dem zweiten Satz, den die Kubb’Ings zum Ausgleich gewannen, schlichen sich im Schlussdurchgang (im kleinen Finale wurde nur noch Best of 3 gespielt) auf beiden Seiten viele Nuller ein. So galt es, den längeren Schnauf zu haben – und den hatten die Parate Bees: Vor dem entscheidenden Achtmeterwurf bewahrte Lim kühlen Kopf und vollendete den 2er-Finisseur zum dritten Platz.

Das grande Finale zwischen Breitizone und Kubbless auf dem Nebenfeld war schon im Gange, als das Spiel um Platz drei begann. Breitizone hinkte zu Beginn mit einer mangelhaften Basequote etwas hinterher, der Zweierfinisseur zum 1:0 für Kubbless kam daher nicht unbedingt überraschend. Die deutschen Kontrahenten taten es ihnen zu Beginn des zweiten Satzes gleich, zusammen mit einer erwachsenen Doublette von Pepe – die bereits zweite an diesem Tag in der Arena – geriet dies zu so etwas wie dem Startschuss ins Spiel für Breitizone: Die Doublette nahmen sie nämlich gleich zum Anlass für einen seidenfeinen Viererfinisseur zum 1:1. Belohnt wurde das Glanzstück mit einem dialogischen Breitizone-Sprechgesang über das Finalfeld, der weder der erste noch der letzte war. Nichtsdestotrotz schnappte sich Kubbless wiederum den Satz zur erneuten Führung, was das Publikum nur noch mehr anheizte. Eine starke Achtmeterleistung von Breiti und eine umso schwächere von Kubbless im schnellen vierten Durchgang bescherten den beiden Teams dann einen fünften und alles entscheidenden Satz. Nach drei Wurfrunden schien in diesem alles offen, je drei Kubbs zählten die beiden Baselines zu diesem Zeitpunkt noch, doch eine dritte und letzte Doublette Pepes markiert den Anfang vom Ende: Mit zwei Stöcken räumte er gleich seinen eigenen Viererhaufen zusammen mit einem Basekubb ab, Winnie doppelte mit einem Treffer aus zwei Schüssen auf die Base nach und Mighty – der bewies seine arenaerfahrungsgestählten Nerven, nahm gleich noch den letzten Basekubb weg, und nun gab es auch für den Livestreamkommentator Kenny Corsus kein Halten mehr, seine Meinung: «BREITIZONE CAN BE EUROPEAN CHAMPION. JUST HIT THE FUCKING KING!», Mighty ballerte auch gleich noch den König weg und der Sieg war nach Hause geschaukelt. Die wilde Meute stürmte sogleich das Feld, ein zweiter Traum war erfüllt: Breitizone, die mit Dutzenden Turniersiegen im In- und Ausland, mehreren Kubbtoursiegen und gar einem Weltmeistertitel schon fast alles erreicht hatte, komplettierte ihr Palmarès nun auch noch mit dem Turniersieg am härtesten 3er-Kubbturnier der Welt.

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Resultate 3vs3-EKC

Breitizone 1. Platz
Kubbless 2. Platz
Parate Bees 3. Platz
Kubb'Ings 4. Platz
Blue/Orange Viertelfinal
Chouffekubbers Viertelfinal
Dope Viertelfinal
Kubb them all Viertelfinal

Die Spannung hatte vermeintlich nicht mehr steigen können an diesem gegen neun Uhr gehenden Samstagabend im Wismarer Bürgerpark, doch genau dies tat sie. Denn das bereits angekündigte Shootout, in dem sich die Sechserteams Schweden 1 und Schweiz 2 noch um den Einzug in die Halbfinals messen mussten, war, wenn auch ein 8+2, kein gewöhnliches: Es fand in der Finalarena auf beiden Feldern statt, und: Die Teams hatten abwechslungsweise zu werfen. Nachdem das Schweizer Team die Wurfreihenfolge nochmals an einem Trainingshaufen probte und die Schweden aus unerklärlichen Gründen auf acht Meter einwarfen, ging es also los mit dem Einwurf von Schweden: Ein beachtlicher Haufen, getrübt jedoch von einem Setzkubb, der auf rund sieben Meter platziert wurde. Mighty konterte sogleich mit einer formidablen Einwerfrunde – und das Abräumen konnte beginnen. Die Aufregung war merklich zu spüren: Auf einen nicht unbedingt gelungenen Startschuss von Schweden folgte ein Nuller auf Schweizer Seite, ein Einer der Schweden, ein sicherer Wurf von Jonas, der nur leider eine Schneise in den Haufen riss, ein Nuller auf schwedischer Seite und wieder ein Einer von Winnie. Nach drei Schüssen also auf beiden Seiten noch drei Kubbs vorne, auf schwedischer zusätzlich der Setzkubb. Nach den üblich langen Diskussionen bei Schweden folgten wiederum Einer und Nuller, nach sechs Würfen hätten beide Teams mit je einem Kubb stehengelassen. Was in dieser Situation aber bedeutete: Sudden Death! Abwechslungsweise je ein Schuss, wenn ein Team nicht trifft, während das andere dies tut, ist es raus. Da alle Spieler*innen bereits geworfen hatten, durfte gleich nochmals Ekelöf ran: Den Setzkubb traf er, auf dem anderen Feld beseitigte Winnie auch den letzten Kubb im Feld. Per Norman nahm einen Basekubb – und der war zu viel. Mit einem Nuller von Mighty musste sich also auch Schweiz 2 aus dem Sechserwettbewerb verabschieden.

Auch wenn sich Breitizone – von denen ja gleich zwei gerade aus der 6vs6-EKC ausgeschieden waren – getrost zufrieden aus der Arena verabschieden und gerade noch vor dessen Schliessung den Weitblick übers Turniergelände vom Aussichtsturm des Wismarer Bürgerparks geniessen konnte: Das Debakel der letzten EKC hatte sich wiederholt und die Schweiz musste bangen. Ausgerechnet jene vier Nationen, die in den vergangenen Jahren nebst der Schweiz am erfolgreichsten waren, kämpften nun in den Halbfinals um die letzten entscheidenden Punkte im Nationenranking: Auf der einen Seite Tschechien 1 gegen Belgien 1, auf der anderen Seite Deutschland 1 gegen Schweden 1. Was den Zwischenstand in der Nationenwertung anbelangt, herrschte einigermassen Unklarheit: Hiess es vor dem 6er-Shootout noch, jenes sei entscheidend, wurde nachher verlautet, es könne immer noch reichen – die Gemengelage war unübersichtlich (in mehreren Hinsichten). Auf jeden Fall hofften die Schweizer Kubber*innen auf Schütz*innenhilfe durch Tschechien und Schweden. Falls noch etwas zu richten war, mussten es jene Teams tun. Und diesbezüglich sah es erst einmal gar nicht so schlecht aus: Nachdem die sechs Tschechen den ersten Satz souverän nach Hause schaukelten und das belgische Team es ihnen im zweiten gleich tat, verlangte es Ersteren noch saubere Arbeit im letzten Satz ab und der Einerfinisseur war Tatsache. Zeitgleich konnte auf dem benachbarten Feld auch das schwedische Team triumphieren: Gegen Deutschland 1 schnappten sie sich den zweiten Finalplatz.

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Einen deutlich längerer Kampf – das Halbfinale hatte weniger als vierzig Minuten gedauert – lieferte sich Tschechien 1 dann im Finale mit den (inzwischen bekanntermassen) langsamen sechs Schweden. Nachdem diese in der zweiten Runde des ersten Satzes gleich drei Basekubbs und einen Setzkubb auf knappen acht Meter wegfegten, kam Tschechien doch ziemlich schnell in Bedrängnis. Ein breit gestreuter Haufen erleichterte die Sache nicht unbedingt und so standen nach fünf Würfen noch vier Kubbs, die einem Gartenzaun so ähnlich sahen, dass auch der fleissige Kubbkommentator Kenny Corsus hinter der Kamera meinte: «He has to do some magic! Where is the magic?!» Gefragt, getan: Die vier Kubbs waren weg, der Schütze wurde zum Magier gekürt. Diese beiden Runden sollten dann aber auch die einzigen Highlights eines ewig langen Spiels bleiben. Dies sollte so weit gehen, dass das Turnier-OK sogar in einem EKC-Finale (!) ein Tiebreak ausrufen musste und der Kommentator nur noch konstatieren konnte: «The Swedish guys do a terrible job.», und im Hintergrund ein anderer meinte: «It’s not even Kubb!» Ausdauernder als die beiden Teams in der Arena war nur noch das tschechische Publikum: Auch nach einer Stunde und fünfzehn Minuten, mehr als ein halbe Stunde länger also, als das Halbfinale über drei Sätze gedauert hatte, flackerten immer wieder Sprechchöre auf. Mit dem Beginn des Tiebreak sollte dann aber endgültig Schluss sein: Schweden 1 liess zwei von zehn Kubbs stehen, Tschechien hatte noch deren acht einzuwerfen, von welchen einer raus kam. Den eigentlich nicht schlechten Haufen räumten sie mit fünf Stöcken ab und tatsächlich: Der König fiel. Und so wurde dann auch Kenny Corsus’ Vorschlag, «let’s just finish it», zur Tatsache – es griff die gleiche Regel wie im Halbfinale der Kubb’Ings gegen Kubbless und Tschechien eins durfte sich zum besten 6er-Team Europas küren lassen. Im kleinen Finale, das weitaus schneller durch war, sicherte sich derweil Deutschland 1 noch den dritten Platz gegen Belgien 1.

Sechs Tschechen als Europameister also – ein durchaus erfrischender Erfolg, den man ihnen gönnen mag, auch wenn sie ihr Können eher im Halbfinale bewiesen hatten als im anschliessenden Finale. Die grosse Frage, die noch im Raum stand, war aber: Reicht diese Hilfe zum grossen Erfolg im Nationenranking? Zuerst durften jedenfalls die anderen Gewinner*innen des Wochenendes über den blauen Teppich in die Arena schreiten (oder später auch rollen), sich von der johlenden Menge feiern lassen, die inzwischen für fast jede*n jubelte, und die massiven EKC-Pokale entgegennehmen, während im Hintergrund des Podests elektronische Feuerwerkersätze für das richtige Ambiente sorgten. Und auch den Köpfen hinter dem Turnier wurde nochmals mächtig Tribut gezollt: Einerseits dem gesamten (mehr oder weniger) lokalen deutschen Turnier-OK, das dieses mehrtägige Event auf die Beine gestellt hatte, andererseits Lüg und Sophie, die wie bei jeder EKC-Ausgabe mächtig viel leisteten bei der digitalen Modusorganisation, der Kommunikation sowie dem gesamten visuellen Auftritt, sowohl online als auch offline vor Ort. Und so kam es noch zur letzten Siegerehrung des Wochenendes: dem Nationenranking. Auf dem dritten Rang platzierte sich, mit Erfolgen vor allem in 3vs3, aber auch dem dritten Platz im 6vs6, Deutschland mit 3500 Punkten vor Schweden mit 2700 und Tschechien mit 1000 Punkten. Übrig blieben also noch: Belgien, die bereits 2018 und 2019 in der Gesamtwertung triumphiert hatten, und die Schweiz. Und tatsächlich, knapp wurde es aufgrund der Resultate im 6vs6 nicht mehr: Die Schweiz schnappte sich die Nationenwertung mit rund tausend Punkten Vorsprung; mit einem Total von 4600 Punkten verwies sie die Titelverteidiger*innen auf den zweiten Rang mit 3700 Punkten. Wie sich bei der Nachberechnung während der Recherche für diesen Bericht aber herausstellte, kam es auf diese Hilfe aus dem Sechserturnier gar nicht mehr darauf an: Bereits vor dieser Wertung führte die Schweizer Delegation mit 1300 Punkten – eine nicht einzuholender Vorsprung, da im 6vs6 nur das beste Resultat pro Nation in die Wertung eingeht. Und so gab es kein Halten mehr, die Schweizer*innen stürmten in die Arena und auf das Podest, und während der davor liegende Jonas die Europaflagge schwenkte, ging für Kubbtourpresidente Fischer ein weiterer Traum in Erfüllung, als er einer der schwersten Pokale überhaupt entgegennehmen und diesem einen Kuss aufdrücken konnte, nachdem er sich bereits Tage zuvor genau diesen Moment im Swisskubbchat ausmalte: «Will nüüt anders gseh wie die Nation's Trophy»!

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Resultate 6vs6-EKC

Tschechien 1 1. Platz
Schweden 1 2. Platz
Deutschland 1 3. Platz
Belgien 1 4. Platz

Epilog: Ein Geburtstagsfest obendrauf und der berüchtigte Tag danach

Etwas gab es zum Schluss dieses insanen Wochenendes in Wismar natürlich noch zu tun: feiern, feiern, feiern! Und zwar nicht nur für jene, die an den vier Turnieren, die stattgefunden hatten, etwas gewonnen hatten. Und auch nicht nur, um die europäische Reunion nach zwei Jahren Zwangspause und einer absolut gelungenen dritten Ausgabe der European Kubb Championships zu zelebrieren, nein: Obendrauf feierte ausgerechnet auch noch der Kubbtourehrenpräsident auf Lebenszeit, Bjogge himself, seinen Geburtstag. Und so verschob sich die Menschenmasse nach der traditionell wilden Fete in der Finalarena zur Strandbar, wo sich auf einmal die Fenster des Häuschens neben dem Späti öffneten und der DJ noch sein Set zum Besten gab. Tanzen zum Sonnenaufgang: ein wundervoller Abschied nach einem noch wundervolleren Turnier! Ein letzter Kuss noch des stolzen Präsis auf die soeben errungene Nationtrophy und ein Abgang in Richtung des werdenden Tags.

Lange dauerte es aber nicht, bis man am nächsten (oder besser: am selben) Morgen die eine oder den anderen in der Wismarer Altstadt oder bereits weiter weg wieder sah: auf dem Weg zur Bäckerei oder dem wohlverdienten Kaffee, auf den Geleisen von Hamburg, vielleicht sogar am heimischen Bahnhof in der Schweiz – auch wenn zu einer schlauen Konversation leider die Energie und die Stimme fehlte. Wismar ist wieder «leer», das Gespenst des Kubbsports ist verflogen, aber was dort geschah, wird wohl in vielen Herzen noch lange bestehen bleiben. Und noch ist nicht aller Tage Abend, die EKC kommen wieder, keine Frage! Wer also nicht dabei sein konnte oder auch einfach unbedingt wieder dabei sein will, die*der halte sich schon jetzt das erste Juliwochenende 2023 frei, wenn es wieder heisst: Kubb unites Europe!

Die Kubbtour als Gründungsmitglied der European Kubb Association und Erstgastgeberin der European Kubb Championships 2018 bedankt sich herzlich beim gesamten Organisationsteam, das diesen Megaevent auch dieses Jahr wieder ermöglicht hat. In der Schweiz werden die Augen damit langsam aber sicher wieder auf die Kubbtour 2022 geworfen: Kann Breitizone den Schwung mitnehmen und den Vorsprung in der Schweizer Gesamtwertung ausbauen? Schaffen die in Liga C Zweitplatzierten von drü grossi bier, die sich vergangenen Samstag auch den zweiten Platz im Freshman’s Cup schnappen konnten, eine Annäherung an die mit fast dreihundert Punkten führenden Kubbacas? Und wie gestaltet sich das Rennen in der Liga B, wo momentan der KCM in Führung ist, der sich am Samstag nicht dem europäischen Vergleich unterzogen hat? Finden wir es heraus: Am Sprysse Cup, der bereits diesen Samstag in Basel stattfindet.

Resultate Nation Ranking

Schweiz 1. Platz 4600 Punkte
Belgien 2. Platz 3700 Punkte
Deutschland 3. Platz 3500 Punkte
Schweden 4. Platz 2700 Punkte
Tschechien 5. Platz 1000 Punkte
Österreich 6. Platz 300 Punkte

Sämtliche Resultate und Livestreams der European Kubb Championships 2022 könnt ihr hier nachschauen. 

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